Winterdienst: Wer ist in der Pflicht?
Generell zuständig für die Verkehrssicherheit auf öffentlichen Straßen und Wegen sind zwar die Gemeinden. Die können aber die Sicherheit für Gehwege auf die Anlieger übertragen, also im Regelfall auf die Grundstückseigentümer. Diese sind dadurch im Winter zur Schnee- und Eisbeseitigung verpflichtet. Sie wiederum dürfen ihre Verpflichtungen aber auch auf einen Winterdienst oder auf die im Haus wohnenden Mieter abwälzen (BGH, Az.: VI ZR 126/07).
Alternativ wäre auch ein Absatz in der Hausordnung möglich, sofern diese wesentlicher Bestandteil des Mietvertrages ist. Auch müssen alle Rechte und Schneeräumpflichten geregelt sein, also zum Beispiel konkret, dass die Mieter eines Hauses abwechselnd streuen müssen. Oder es müsse einen Hinweis auf kommunale oder landesrechtliche Vorgaben geben, die den Inhalt des Winterdienstes – also zeitlichen und räumlichen Umfang – festlegen.
Beauftragt der Vermieter stattdessen einen externen Dienstleister mit dem Schneeräumen, ist der Mieter fein raus – zumindest, was die körperliche Ertüchtigung betrifft. Dafür kann der Vermieter aber die anfallenden Kosten über die Betriebskosten abrechnen und dem Mieter in Rechnung stellen.
Vermieterpflichten beim Winterdienst
Eine Vermieterpflicht: Beim Winterdienst müssen Vermieter auch die Geräte fürs Schneeräumen zur Verfügung zu stellen.
Auch wenn die Schneeräumpflicht per Mietvertrag auf den Mieter übertragen wurde, ist der Vermieter noch lange nicht von jeglicher Verantwortung befreit. Das sind seine weiteren Pflichten:
Organisation des Winterdienstes
Eine faire Aufteilung des Winterdienstes ist Pflicht. Steht im Mietvertrag zum Beispiel, dass alle Mietparteien gleichermaßen für den Winterdienst verantwortlich sind, muss das auch umgesetzt werden. „In diesem Fall ist es Sache des Vermieters, einen Schneeräumplan aufzustellen, damit klar ersichtlich ist, wann welcher Mieter die Arbeiten durchzuführen hat.
Geräte und Material fürs Räumen und Streuen
In der Regel muss der Vermieter alle notwendigen Geräte und Streumittel zur Verfügung stellen. Dazu zählen beispielsweise Schneeschaufel, Besen, Splitt oder Sand. Das Streumaterial kann auch zur Mieterpflicht gemacht werden, allerdings laut gängiger Rechtsprechung nur, wenn dies ausdrücklich im Mietvertrag steht oder nachträglich so vereinbart wurde. Streusalz ist übrigens in den meisten Satzungen der Kommunen verboten. Als Ersatz kommen stattdessen Asche, Sand oder Split zum Einsatz.
Kontroll- und Überwachungspflicht
Der Vermieter hat weiterhin eine Kontroll- und Überwachungspflicht, egal ob die Mieter oder der Winterdienst das Schneeräumen übernehmen. Das heißt, er muss regelmäßig Streife laufen und prüfen, ob ordnungsgemäß geräumt und gestreut wurde.
Verkehrssicherungspflicht
Auch wenn der Bürgersteig gesichert ist, Dachlawinen und Eiszapfen, von denen Gefahren für Passanten ausgehen, fallen in den Verantwortungsbereich des Eigentümers. Der muss auch Passanten mittels eines Warnschilds vor etwaigen Dachlawinen warnen. Verletzt eine abgehende Lawine einen Passanten, haftet der Eigentümer für den entstandenen Schaden.
ACHTUNG
Die Räum- und Streupflicht lässt sich grundsätzlich nicht durch Warnschilder umgehen, weil sie die Verkehrssicherungspflicht nicht aufheben. Sie können jedoch den Nutzer veranlassen, besonders vorsichtig zu sein.
Mieter: Pflichten und -rechte beim Schneeräumen
Schneeräumen kann Mieterpflicht sein – Rechte haben Mieter dabei aber auch.
Sofern das Fegen beziehungsweise Räumen und Streuen im Mietvertrag wirksam vereinbart ist, müssen Mieter zum Winterdienst antreten.
Sprich: Durch einen klaren Hinweis zur Räum- und Streupflicht im Mietvertrag, oder über einen Absatz in der Hausordnung, sofern dieser Bestandteil des Mietvertrages ist. Es reicht hingegen nicht aus, wenn der Vermieter einen Schneeräumplan in den Briefkasten der Mieter wirft.
Mieter können beim Schneeschippen zudem auf eine faire Aufteilung pochen: Keiner von ihnen darf unangemessen benachteiligt werden. In der Regel können Mieter davon ausgehen, dass sie die nötigen Geräte und Materialien für den Winterdienst gestellt bekommen.
Überblick: Aufteilung des Winterdienstes zwischen Mieter und Vermieter
Ist das Schneeräumen Mieterpflicht, sind die Aufgaben wie folgt aufgeteilt:
Winterdienst für Vermieter
Faire Organisation, zum Beispiel über einen Schneeräumplan
Bereitstellung der notwendigen Geräte zum Schneeräumen und in der Regel auch des Streumaterials
Regelmäßige Überwachung, ob auch ordnungsgemäß geräumt und gestreut wurde
Maßnahmen zum Schutz vor Dachlawinen und Eiszapfen
Schneeräumen für Mieter
Regelmäßiges Räumen und Streuen
Unter Umständen, sofern dies ausdrücklich vereinbart wurde: Beschaffen und Zahlen des Streumaterials
WEG: Regelung des Winterdienstes in der Eigentümergemeinschaft
In der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) fassen die Eigentümer in der Regel einen Beschluss, in dem sie den Winterdienst im Rahmen einer Hausordnung regeln. Alternativ können sie auch den Hausverwalter ermächtigen, eine Hausordnung aufzustellen. Dieser ist für die Durchführung der Hausordnung verantwortlich und kann jeden Eigentümer, der seiner Schneeräumpflicht nicht nachkommt, auch förmlich abmahnen (§ 27 WEG).
Die Wohnungseigentümer können auch mehrheitlich beschließen, einen Dritten mit dem Winterdienst zu beauftragen. Die Kosten dafür werden unter den Eigentümern aufgeteilt, meist nach der Größe ihres Anteils am Gemeinschaftseigentum.
ACHTUNG
Schneeräumpflicht für alle nur einstimmig möglich
Zwar können Wohnungseigentümergemeinschaften per Mehrheitsbeschluss einen externen Dienstleister mit dem Winterdienst beauftragen. Umgekehrt kann aber kein einzelnes Mitglied per Mehrheitsbeschluss gezwungen werden, turnusmäßig selbst Schnee zu räumen. Die Entscheidung fürs Schaufeln und Streuen muss einstimmig ausfallen.
Faire Organisation beim Schneeräumen
In einem Mehrfamilienhaus muss in der Regel niemand den Winterdienst allein übernehmen, weil er beispielsweise im Erdgeschoss wohnt. Das gilt für Wohnungseigentümer genauso wie für Mieter. Der Schneeräumplan soll demokratisch sein und darf keinen Bewohner unangemessen benachteiligen. Diese Auffassung bestätigten bereits mehrere Gerichte.
Eine Möglichkeit zur Organisation ist ein Schneeräumplan, der für jeden Bewohner gut sichtbar ausgehangen ist, zum Beispiel im Treppenhaus. Häufiger Turnus, wenn alle gleichermaßen Schneeräumen müssen, ist ein wöchentlicher Wechsel. Allerdings kann es dabei passieren, dass einige Bewohner Glück mit dem Wetter haben und nie zum Schneeschippen antreten müssen, andere hingegen jedes Mal vom Neuschnee erwischt werden.
Alternativ kann die Räumpflicht auch per Schneekartensystem organisiert werden, wie Depel vom Mieterverein Köln empfiehlt. „Dem Mieter, der die Schneekarte in den Händen hält, obliegt die Streupflicht für einen Tag. Nur wenn er aufgrund von Witterungsverhältnissen tatsächlich seinen Winterpflichten nachkommen musste, darf er die Schneekarte an den nächsten Mieter weitergeben.
Streu- und Räumzeiten: Wann geräumt werden muss
Zu welcher Uhrzeit Hausbesitzer, Vermieter oder Mieter ihren Winterdienst ausüben müssen, richtet sich nach der jeweiligen Ortssatzung ihrer Stadt oder Gemeinde. Unter der Woche gilt die Räum- und Streupflicht meist zwischen sieben und 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen beginnt sie oftmals um acht oder neun Uhr und gilt bis 20 Uhr. Bitter für Langschläfer: Um diese Zeiten muss der Weg bereits geräumt sein, es reicht also nicht, Punkt sieben Uhr mit dem Schaufeln zu beginnen.
Morgens und abends schneeräumen ist übrigens auch nicht genug. Bei starkem Schneefall muss im Zweifel auch mehrmals am Tag geräumt und gestreut werden, laut Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Az.: VI ZR 49/03). Jedoch müssen Anwohner bei starken Schneewehen „nicht alle Viertelstunde raus“, beschwichtigt Rechtsanwalt Frieser, „sondern eben in regelmäßigen Abständen.“ Aber: Bei Glatteisbildung muss in der Regel unverzüglich gestreut werden.
Nicht nur auf Privatgrundstück: Wo genau die Schneeräumpflicht gilt
Winterdienst, Schneeräumen, Schneeräumpflicht, Wege, eine Schneeschaufel und ein geräumter Weg im Schnee, Foto: Edler von Rabenstein/stock.adobe.com
Die Schneeräumpflicht gilt für verschiedene Wege am und um das Grundstück. Foto: Edler von Rabenstein/stock.adobe.com
Die Räum- und Streupflicht betrifft alle Gehwege entlang privater Grundstücke. Dazu zählen auch unbefestigte Wege. Abkürzungen und Nebenwege auf dem Privatgrundstück darf der Schneeräumpflichtige jedoch auslassen, solange der Hauptweg verkehrssicher ist. Wenn kein Bürgersteig am Zaun entlangläuft, müssen Anwohner eine Bahn am Straßenrand freischaufeln. Die begehbare Spur sollte in der Regel mindestens 1,20 Meter breit sein, sodass zwei Fußgänger mit Kinderwagen oder Einkaufstasche aneinander vorbeigehen können. Die genaue Wegbreite richtet sich allerdings meist nach der Kommune. Von den meisten Kommunen sind die Wegbreiten wie folgt festgelegt:
Oft genutzte Fußwege wie Eingangsbereiche, Bürgersteige und Gehwege vor dem Haus: 1,20 bis 1,50 Meter.
Weniger oft genutzte Wege, etwa zu Mülltonnen, Parkplätzen und anderen zu erreichenden Orten auf dem Grundstück: mindestens 0,50 Meter.
Womit streuen: Die meisten Kommunen verbieten Streusalz, weil es die Umwelt zu stark belastet. Asche, Sand, Granulat oder Splitt bieten eine gute Alternative. Solche abstumpfenden Mittel gibt es beispielsweise im Baumarkt oder beim städtischen Wertstoffhof. Viele Gemeinden stellen außerdem Streugutkisten auf, aus denen sich Bürger bedienen dürfen.
Wohin mit dem Schnee: Der Schnee sollte nicht auf den Gehweg, die Fahrbahn oder das Nachbargrundstück geschippt werden. Am besten türmen sich die Schneehaufen im Garten oder die Schneeräumenden legen in Absprache mit den Nachbarn auf einer Parkfläche ein gemeinsames Depot für den Schnee an. Bietet nur der Gehweg einen Ablageplatz, sollte der Schnee grundsätzlich nur auf dem der Fahrbahn zugewandten Rand angehäuft werden. Dadurch darf er allerdings keine Behinderung darstellen, etwa indem Radwege versperrt werden oder der Verkehr gefährdet wird. Rinnsteine und Abwasseröffnungen müssen dabei frei bleiben.
Bei Urlaub oder Arbeit: Vertretung für die Schneeräumpflicht
Schneeräumen verpflichtet. Wer mit dem Winterdienst dran ist, aber nicht kann, muss sich in der Regel um eine Vertretung kümmern. „Das gilt für Mieter wie für Wohnungseigentümer, und egal ob es aufgrund von einer Geschäftsreise oder Urlaub ist.
Überwachen muss der ursprünglich Zuständige seine Vertretung nur im zumutbaren Rahmen. Wer zum Beispiel in den Urlaub fährt, hat zumindest laut einem Einzelfallurteil keine Überwachungspflicht (OLG Köln WuM 1995, 316). Vergisst der Vertreter den ihn übertragenen Schneeräumdienst, haftet er in der Regel selbst dafür. Wenn die Vertretung sich aber meldet, weil sie sich zum Beispiel das Bein gebrochen hat und doch nicht Schneeräumen kann, muss der ursprünglich Zuständige für weiteren Ersatz sorgen.
Ausgerutscht: Wer bei Unfall haftet
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Schlecht geräumt, dann ausgerutscht: Nun stellt sich die Frage, wer bei Unfall haftet.
Ob Eigentümer, Mieter oder externer Dienstleister: Wer für den Winterdienst zuständig ist, muss für Sicherheit sorgen. Denn schnell ist es passiert: Ein Passant rutscht auf dem glatten Bürgersteig aus und bricht sich das Bein. Zunächst fällt die Haftung auf den Eigentümer, da es generell seine Pflicht ist, für einen freien Gehsteig zu sorgen. Allerdings kann er den laut Mietvertrag fürs Schneeräumen verantwortlichen Mieter in Regress nehmen, ihm also die Haftung übertragen. Geschah der Unfall, weil der Passant fahrlässig gehandelt hat, kann es zur Haftungsreduktion oder sogar zu einem Haftungswegfall kommen. Das bedeutet, dass der Eigentümer nicht die volle Haftung übernimmt und nur für einen Teil des Schadens einstehen muss.
Bei Unfällen aufgrund eines versäumten Winterdienstes hilft in der Regel die folgende Versicherung:
Für Mieter: Privathaftpflicht
Für Eigenheimbewohner: Privathaftpflicht
Für Eigentümer von Mietshäusern oder -wohnungen: Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht
Tipp externer Winterdienst: keine Haftung plus Steuervorteile
Wird ein Hausmeister oder ein externer Dienstleister mit dem Winterdienst beauftragt, so haftet dieser. Räumt und streut das Unternehmen nicht oder nur schlampig, muss es für Schäden aufkommen, falls jemandem etwas zustößt (BGH, Az.: VI ZR 126/07).
Ein weiteres Plus: Die Kosten für den Winterdienst sind steuerlich absetzbar. Sie zählen zu den sogenannten ‚haushaltsnahen Dienstleistungen‘, über die 20 Prozent der Lohnkosten von Dienstleistern von der Steuer abgezogen werden können. Vorausgesetzt, die Arbeit wird von einem Fachunternehmen oder einem Selbstständigen erledigt. Der maximale Betrag des Abzugs liegt bei 4.000 Euro im Jahr.
Das gilt auch für Mieter, wenn ein Hausmeisterdienst das Schneeräumen übernimmt und sie diesen über ihre Nebenkosten bezahlen. In dem Fall können sie die entsprechenden Teile der Nebenkostenabrechnung von der Steuer absetzen. Wichtig dabei: Die Rechnung muss per Überweisung gezahlt worden sein. Bargeldzahlung akzeptiert das Finanzamt in der Regel nicht.